Aktuelles

Vortrag von Günter Niekel über die Schlösser von Muhr

Fünf Schlösser in Muhr? Mancher wird ungläubig auf diese Frage reagieren. Von einem weiß jeder und auch das Witwenschlösschen Julienberg darf dazu gezählt werden. Aber die anderen drei?  Von ihnen ist heute nichts mehr zu sehen.  Günter Niekel, in seiner Heimatgemeinde Muhr am See lebender Ruhestandspfarrer, hat sich in die Geschichte vertieft und kann die Existenz dieser drei Schlösser nachweisen. Auf einer Vortragsveranstaltung des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen untermauerte er seine wissenschaftlichen Thesen.
Die Turmhügelburg in Altenmuhr hat vermutlich im 9./10 Jahrhundert am Knie der Altmühl gelegen. Sie war auf zwei Seiten vom Fluß umgeben. Davon kündete bis 1968 der auf zwei Seiten erhaltene Wassergraben. Heute stark ist dort ein verflachter Hügel knapp über dem Hochwasserspiegel der Altmühl sichtbar, zudem  geringe Wallreste.  Die Burg ist vielleicht identisch mit dem „steinernen Turm“, den Ulrich von Muhr der Ältere zusammen mit dem Schloss vom Bischof zu Eichstätt 1300 als Lehen erhielt (1417 als „Obermuhr“ genannt). Einen Hinweis auf diese kleine Anlage hat Günter Niekel im Salbuch von 1549 gefunden. In den Rentamtsakten Gunzenhausen wird vom „clainen Stain Hauß hinten auf der Whal“ gesprochen. Das Grundstück hieß früher, als es noch landwirtschaftlich genutzt wurde, der „Whal-Acker“. Bodenfunde aus dem 14.bis 16. Jahrhundert (Fragmente von Tonpuppen, Geschirrscherben) gibt es. Nur wenig unter der Erdoberfläche  lassen sich Fundamentreste von zwei Gebäuden feststellen.
Das Schloss Altenmuhr, so wie es heute noch existiert, ist eines der ältesten Schlösser an der Altmühl. Als Wasserburg errichtet wurde es  später zum Schloss umgebaut.  Auf dem Areal stehen heute das Hauptschloss, die Gutsscheune mit gewölbtem Stall, das ehemalige Brauhaus, das Dienstbotenhaus und ein barockes Gartenhaus, der Bergfried und zwei Geschosse des Hauptbaues aus dem 12. Jahrhundert. Der  Ostbau stammt aus dem  14. Jahrhundert, das Obergeschoss des Hauptbaues  ist aus dem 16. Jahrhundert. Weitere Bauten sind aus dem 17. und 19. Jahrhundert. 1351 ist das Schloss erstmals urkundlich  in einer Beschreibung des Schlosses im Salbuch von 1551 und 1734 erwähnt worden.  Als ehemaliges Wasserburg besitzt es keine Flure. Vom Treppenhaus aus geht man von Zimmer zu Zimmer. Im Ostbau und im zweiten Stock des Hauptbaues sind einige bedeutende Räume mit französischen Papiertapeten aus dem Jahr 1815 und Stuckdecken des Nürnberger Meisters Hans Kuhn aus der Zeit um 1620 zu bestaunen.  Die Galerie der Besitzer des Schlosses: Herren von Muhr ,  Herren von Lentersheim (bis 1790), Preußischer Mininster Freiherr von Hardenberg (bis 1809), Freiherr von Wülkenitz (bis 1810), bayerischer Besitz (bis 1825), Freiherr von Danckelmann (bis 1837), Familie von Le Suire (bis heute). Das Schloss war Schauplatz des Kinderfilms „Der Räuber Hotzenplotz“ und vermutlich auch Schauplatz eines Teils von Schillers Drama: „Die Räuber“.  Herrliche Fotos finden sich im Internet (www.samson-magazin.de)
Schloss Mittelmuhr: Das Schloss Mittelmuhr, südlich der St. Johanniskirche gelegen,  wurde wohl im 14. oder 15. Jahrhundert gebaut. 1448 wird Conrad von Lentersheim „zu Mittelmuhr genannt. In den Rentamstakten wird es anfangs das „neue Schloß“ und 1734 das „oede Schloß“ genannt. Nach einer Beschreibung aus dem 16. Jahrhundert war das Schloss sehr klein. 1572 ist es abgebrannt und nicht wieder aufgebaut worden. 1607 wurde Mittelmuhr mit Altenmuhr vereinigt und seither verschwindet der Name des kleinen Dorfes. Auf dem Burgstall siedeln sich später jüdische Familien an. Ein ehemaliges Vorhofgebäude brannte 1903 ab. Die Kellergewölbe des Schlosses wurden 1951 beseitigt. Eine etwas ungenaue Ansicht befindet sich auf dem Stammbaum der Herrn von Lentersheim im Schloss Rammersdorf , ebenso ein Grundriss samt Beschreibung im Salbuch von 1734.
Schloß Neuenmuhr: Dieses Schloss zählte zu den größten Schlössern im oberen Altmühltal. Es lag südlich des Dorfes. 1371 wird das Schloss im Rahmen eines Streitfalles erwähnt. Genaue Beschreibungen liefern die Salbücher. Das Schloss war eine Wasserburganlage. Innerhalb des quadratischen  Burgareals lag nicht nur das Schloss, sondern auch eine großer Garten. Im Vorhof standen etliche Scheunen, ein Haus für das Gesinde und die Schlosskirche. 1502 wurde es  umgebaut. Nach Beschädigungen im Dreißigjährigen Krieg wurde das Schloss renoviert. 1834 ließ Freiherr von Danckelmann das intakte Gebäude abbrechen, um Steine, Holz, Erde von den Wällen und was sonst noch da war, zu verkaufen. Die Schlosskapelle war schon 1824 abgebrochen worden. Grundrisse sind in den Salbüchern und in den Steuerbüchern zu finden. Eine Abbildung der Nord- und Südwestseite samt Schlosskapelle ist auf dem Stammbaum der Herrn von Lentersheim in Schloss Rammersdorf  (Stahlstich) vorhanden. Karl Ballenberger hat eine Bleistiftzeichnung des Schlosses mit einer Ansicht von Norden und von Nordosten angefertigt. Die Stelle des einstigen Schlosses markiert heute ein Gedenkstein. Witwenschloss auf dem Julienberg: Über einem riesigen, in den Felsen gehauenen Keller aus dem 15. Jahrhundert wurde im 16. Jahrhundert das Witwenschloss errichtet. Es besteht aus einem einfachen zweigeschossigen Haupthaus mit Renaissancegiebel. Teile der Außenmauern und die Innenmauern sind in Fachwerk errichtet, ebenso das an der Ostseite angebaute, lang gestreckte Wirtschaftsgebäude, das heute sehr baufällig ist. Den Namen „Julienberg“ erhielt das Anwesen nach einer Schlossherrin, früher wurde das Haus nur „Kellerhaus“ genannt. Viele Spukgeschichten ranken sich um das Haus und seine Umgebung.

Vortrag von Dr. Arno Störkel über die fürstliche Jagd

Jeder kennt die Redensart, wenn ihm etwas entkommen ist, ihm also etwas „durch die Lappen gegangen“ ist.  Der Begriff stammt aus dem Jagdwesen des 18. Jahrhundert. Für ihn gibt es auch noch den Begriff der „eingestellten Jagd“.  Was es sonst noch auf sich hatte mit der fürstlichen Jagd, auch in den Revieren des „Wilden Markgrafen“, das erfuhren die Gäste bei einem Vortragsabend des Vereins für Heimatkunde mit dem Würzburger Historiker Dr. Arno Störkel, der heuer auch noch eine Biographie der Markgräfin Friederike Louise herausbringen wird, die viele Jahre ihres Lebens im Schloss Unterschwaningen verbracht hat.
Die Jagdleidenschaft von Carl Wilhelm Friedrich galt hauptsächlich den Falken. Er hatte das größte Falknerheer jener Zeit. Die Jagd mit dem edlen Vogel war elegant und meist unblutig, auch weibliche Jagdgäste durften damals schon an diesem exklusiven Ereignis teilnehmen.  Einen seiner schönsten Falken hatte CWF vom König von Dänemark als Dankgeschenk bekommen.
Etwas anderes war die „eingestellte Jagd“, worunter man sich ein eingezäuntes Areal vorstellen muss.  Die Einzäunung erfolgte mit schön verzierten Stoffbahnen, die an Leinenschnüren aufgehängt waren. Die flüchtenden Tiere konnten so von den Jägern und Treibern in eine bestimmte Richtung gedrängt und am Ausbrechen gehindert werden. Gelang dann doch einmal einem Hirschen die Flucht, so ging dieser buchstäblich „durch die Lappen“.  Dieses „fürstliche Plaisir“ war vor drei Jahrhunderten so etwas wie eine VIP-Lounge in der  heutigen Fußballarena.  Weniger exklusiv, ja für damalige Verhältnisse geradezu primitiv, war die Kampfjagd nach Auerochensen, Büffeln oder Sauen.
An der Parforcejagd, also der Verfolgung der Beute auf dem Rücken der Pferde, dürfte der beleibte Markgraf nicht teilgenommen haben. Davon geht der Historiker Arno Störkel fest aus, zumal ein zwei- bis dreistündiger Ritt nicht dem körperlichen Belastungsvermögen von Carl Wilhelm Friedrich  entsprach.  Diese Art der Jagd kam aus Frankreich und England an die deutschen Herrschaftshöfe. Es war ein mitunter halsbrecherisches und auch teures  Vergnügen, dem nur wenige der deutschen Fürsten nachgingen. Allein die 20 athletischen englischen Pferde, die der letzte Markgraf Alexander  an den Ansbacher Hof holte, waren ein Vermögen wert. Weiß und schwarz gefleckt waren die Parforcehunde – und so sind sie heute noch bei großen gesellschaftlichen Jagden zu bestaunen. Ihre Anschaffung kostete übrigens so viel wie ein Hundeknecht im ganzen Jahr.
Zehn bis dreißig Prozent ihres Etats für die Jagd auszugeben, das blieb nur den Fürsten vorbehalten. Die Herrschenden von heute können sich in einer aufgeklärten und demokratischen Gesellschaft solche Extravaganzen  nicht mehr leisten. Das räumte am Ende auch Stadtrat Werner Falk, der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde, ein. Er dankte dem Vortragenden aus dem Weinland mit einem hochprozigen Schorschbräu-Bier aus dem Seenland und kündigte an, dass auf der nächsten Veranstaltung Lothar Hiemeyer die Gasthäuser in Gunzenhausen bis 1945 vorstellen wird (2. Teil).

 

Wolfgang Rathsam mit 102 Jahren gestorben
Er war Ehrenmitglied des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen

Mit Trauer nehmen wir Kenntnis vom Ableben unseres Ehrenmitglieds Wolfgang Rathsam im Alter von 102 Jahren. Wir werden ihm am Mittwoch, 30. Dezember, um 13.30 Uhr auf dem Neuen Friedhof in Gunzenhausen auf seinem letzten Weg begleiten.
Der gebürtige Wettelsheimer war von 1935 bis 1975 am Finanzamt Gunzenhausen tätig. Neben seiner beruflichen Tätigkeit fand er aber in der Nachfolge des Reichslimeskommissars Dr. Heinrich Eidam seine Erfüllung in der ehrenamtlichen Forschertätigkeit. Die römische Geschichte unserer Region hat ihn stets beschäftigt. In Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalschutz hat er etliche Grabungen durchgeführt und Bodenfunde ausfindig gemacht, beispielsweise den römischen Inschriftenstein in Gnotzheim aus dem Jahr 144 n.Chr. und das Mithras-Heiligtum in Wachstein. Seine Erkenntnisse hat er nicht für sich behalten, sondern sie einer breiten Öffentlichkeit mit Beiträgen im „Altmühl-Boten“, dem „Heimat-Boten“ und in „Alt-Gunzenhausen“, der Publikation des Vereins für Heimatkunde, zugänglich gemacht. Wegen seiner Forschungen zur Vorgeschichte und Römerzeit hat er sich bleibende Verdienste um die Stadt erworben. Zudem hat er im Schrenk-Verlag des Buch „Die Römer im Gunzenhäuser Land“ veröffentlicht. Seine Sammlung von einigen hundert Bodenfunden hat er frühzeitig der Stadt übergeben, die sie im Museum für Vorgeschichte präsentiert. Es bereitete ihm stets viel Vergnügen, junge Menschen an die römischen Stätten zu führen und sie für die Geschichtsforschung zu gewinnen.
Wolfgang Rathsam, der nach dem Tod seiner Frau 1977 zunächst in der Austraße lebte, durfte sich in den letzten Jahren der fürsorglichen Betreuung im Burkhard-von-Seckendorff-Heim erfreuen. Seine zwei Söhne Dieter und Karl-Heinz und ihre Familien durften mit ihm am 6. März 2013 den 100. Geburtstag  feiern.
Der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen, dessen Ehrenmitglied er seit 1974 war,  hat ihm viel zu verdanken.  Seine Mitglieder widmen ihm diesen Nachruf und ein bleibendes Andenken.


Werner Falk, Vorsitzender

 

Das 70. Jahrbuch "Alt-Gunzenhausen" ist erschienen

 Gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten ist „Alt-Gunzenhausen“, das Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen, erschienen. Zwölf Beiträge von zehn Autoren beleuchten die lokale Historie auf 272 Seiten. Das erste Exemplar überreichte Vorsitzender Werner Falk im Rathaus an Bürgermeister Karl-Heinz Fitz. Die seit 1923 Jahren erscheinende Publikation wird von der Stadt finanziell gefördert.
„Unser Schriftleiter und 2. Vorsitzender  Werner Mühlhäußer  ist zugleich der Stadtarchivar. Das ist eine Personalunion, die der Stadt und dem Verein nützt.“  Bei der Vorstellung des 70.  Jahrbuchs hob der Vorsitzende hervor, dass die Autoren von „Alt-Gunzenhausen“ alle unentgeldlich forschen und schreiben. „Indem sie immer wieder neue Facetten der Stadt- und Regionalgeschichte darstellen,  verdienen sie öffentliche Anerkennung und Respekt“, betonte der Vereinsvorsitzende.  Er dankte auch dem Bezirk Mittelfranken, Landrat Gerhard Wägemann und der Sparkasse Gunzenhausen für die immerwährende Unterstützung. Der 305 Mitglieder zählende Geschichtsverein sei  stets bemüht, neue Freunde zu gewinnen.  Falks Werbetrommel: „Die Jahresgabe Alt-Gunzenhausen  gibt es für unsere Mitglieder gratis. Das ist ein einmalig günstiges Angebot bei einem Jahresbeitrag von nur 18 Euro.“
Dass die Beiträge wissenschaftlich fundiert sind, das ist für Werner Mühlhäußer das Qualitätsmerkmal von „Alt-Gunzenhausen“. Dem Stadtarchivar gelingt es immer wieder, dem Verein neue Autoren zuzuführen und den „Stamm“ bei der Stange zu halten. Er begleitet die Autoren fach- und sachkundig.
Zum Inhalt der Publikation
Zur Finanzierung drohender Kriege, vornehmlich zur Abwehr der  „Türkengefahr“ hat Kaiser Maximilian I. 1495 den „Gemeinen Pfennig“ eingeführt. Werner Kugler greift den damals auf vier Jahre begrenzten „Soli“ auf und erläutert am Beispiel der Heidenheimer Klosteruntertanen die steuerliche Belastung, zudem veröffentlicht er die Steuerlisten von 43 Orten.
Ein Gemälde von 1606 interpretieren Karl Rieger und Hermann Thoma („Die missglückte Sauhatz des Grafen von Graveneck, Pfleger von Arberg“). Es befindet sich im Markgrafenmuseum Ansbach und zeigt szenische Darstellungen der Saujagd. Die Autoren verorten das Ölbild des unbekannten Malers in die Landschaft zwischen Kemmathen und Großlellenfeld.
Hermann Thoma, der sich in den Jahrbüchern 2005 und 2006 mit den „Hexenverfolgungen im Oberen Stift des Hochstifts Eichstätt“ befasst hat, fügt 2015 einen Teil III hinzu und widmet sich ausgiebig dem Schicksal der Apollonia Veit aus Ornbau, die 1616 durch das Schwert hingerichtet und verbrannt wurde. In einer Kastenamtsrechnung hat er im Untertitel „Henkerkosten“  die Geschichten von 18 weiteren Frauen gefunden und zeichnet ihre „Straftaten“ akribisch auf. Thoma hofft, dass sich die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt zu einer umfassenden wissenschaftlichen Aufarbeitung der Hexenverfolgungen durchringen kann.
Die mittelalterlichen Herrschaftsverhältnisse im Mittelalter beschreibt Siglinde Buchner in ihrem Beitrag „Dittenheim und Sausenhofen, ihre Dorfherren und ihre vergessenen Turmburgen“. Die Grafen von Oettingen und die Marschälle von Pappenheim teilten sich die Untertanen untereinander auf. Es waren keine Wehranlagen und Schlösser, sondern Wohnanlagen, deren Standorte sie verortet.
Siglinde Buchner, die auch ehrenamtliche Archivpflegerin des Landkreises ist,  erläutert die 13 Blätter der „Dorfordnung von Gnotzheim aus dem Jahr 1662“, die noch im Original vorliegt. Im „Gericht-Buch“ geht es um alte Flurnamen,  die heute noch gebräuchlich sind (Furzwiesen, Wolfsbuck, Galgenwiese), aber auch um Vieh- und Gänsehirten.
„Die Pfarrei Degersheim und ihre Gemeindeglieder am Ende des 17. Jahrhunderts“  listet Werner Kugler auf. Er kann sich auf ein Familienregister aus dem Jahr 1692 stützen. Es enthält alle Namen der Gemeindeglieder, auch die Zahl der Kinder, Mägde und Knechte. Angelegt hatte es Pfarrer Ernst Heinrich Friedlein, der auch in Meinheim und Ursheim tätig war.
„Die Gemeindeflur der Stadt Gunzenhausen und ihre Verwaltung im 19. Jahrhundert“  beschreibt Werner Neumann anhand der Flurordnung von 1820.  2662 Menschen lebten 1852 in der Stadt, 45 davon in den Einöden Weinberg, Lohmühle (früher: Bettelmühle), Reutberghof, Leonhardsruh, Walkmühle und Fallhaus. Er stellt den Flurer vor, der nicht nur den Felddieben auf der Spur war, sondern auch auf die Einhaltung der Grenzen achtete.
2015 beging die Stadt das Jubiläum „150 Jahre Eisenbahn“. Jürgen Huber zeichnet in seinem Beitrag „Der frühe Eisenbahnanschluss von Gunzenhausen“  die Geschichte der Bahn und des Bahnhofs nach.  1849 war die Strecke Gunzenhausen Augsburg-Hof durchgehend befahrbar.  2100 Arbeiter waren eingesetzt. Sie bevölkerten Gunzenhausen, das zu dieser Zeit gerade einmal  2700 Einwohner hatte. Bayerns König Max II. unternahm auf der Strecke Donauwörth-Gunzenhausen seine erste Eisenbahnfahrt.  Um 1895 passierten täglich 45 Züge den Bahnhof. Der letzte Personenzug auf der Strecke Nördlingen-Gunzenhausen verkehrte 1985, der Güterverkehr endete  1994.
„Gemeinderecht, Gemeinheitsteilung, Flurbereinigung“. Das ist der Titel von Dr. Adolf Meiers Beitrag über die Nutzung der Flur in den Beispielsgemeinden Windischhausen, Heidenheim, Hechlingen, Hohentrüdingen, Gnotzheim,  Ornbau und Mitteleschenbach. Er berichtet von der Mitteleschenbacher Dorfordnung von 1529 und erzählt die Episode, wonach es bei einer Strafe von zwei Gulden verboten war, vor dem Bartholomäustag Waldobst (Holzbirnen und –äpfel) „herabzuschütteln“. Dem Flurer war ausdrücklich das Recht zugesprochen, das Geld in der bischöflichen Gastwirtschaft  zu vertrinken.
Das segensreiche Werk der Franziskanerinnen in Gunzenhausen würdigt Günter Dischinger („Das Franziskanerinnenkloster Gunzenhausen 1921-2013“). Zur Stammbesatzung gehörten in 92 Jahren 22 Schwestern, davon sechs Oberinnen.
Was hat der Schriftsteller Thomas Mann mit der Stadt an der Altmühl zu tun? „Thomas Mann, Gunzenhausen und die Rote Hilfe“ ist der Titel einer Geschichte von Dr. Martin Weichmann, die hier zu Lande  das erste Mal zu lesen ist. Drei Gunzenhäuser Burschen hatten 1931 ein ketzerisches Lied gesungen und waren dafür eine Woche im Gefängnis gelandet.  Über den Vorfall berichtete seinerzeit nicht der Altmühl-Bote und auch nicht das NS-Organ „Der Stürmer“, wohl aber das kommunistische „Tribunal“ in Berlin. Und woher rührt die Beziehung zum berühmten Schriftsteller? Thomas Mann hatte sich wiederholt gegen die missbräuchliche Anwendung des Gotteslästerungsparagrafen als Mittel zur Beschneidung der Meinungsfreiheit gewandt. So gelangte ihm auch der Vorgang in Gunzenhausen zur Kenntnis, über den das  kommunistische Berliner Wochenblatt schrieb: „In Gunzenhausen haben Genossen einen Strafbefehl über eine Woche Gefängnis erhalten, weil sie durch Absingen des so populär gewordenen Lieds „3 Vaterunser bet´ ich nicht, an einen Herrgott glaub` ich nicht“ Gotteslästerung begangen haben sollen.“
„Die Katastrophe vom 16. April 1945“ titelt Werner Mühlhäußer und schildert den Bombenangriff auf Gunzenhausen, dem nach verlässlichen Angaben 141 Menschen zum Opfer fielen.  In bisherigen Angaben war von 163 bis 160 Toten die Rede. Erstmals wird die vollständige Opferliste veröffentlicht. Fliegerangriffe hatte es zuvor schon im April 1941 und im Februar 1944 sowie in den ersten Monaten 1945 gegeben. Zu Schaden kamen dabei auch 358 Gebäude, davon wurden 24 völlig zerstört.
 

Bilanz des Jahres 2015

Noch vor Weihnachten soll das 70. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ erscheinen. Es wird vom Verein für Heimatkunde Gunzenhausen als Jahresgabe herausgegeben.. Auf einer Sitzung des Vorstands und Beirats im Gasthaus Heidi Eiden stellten Vorsitzender Werner Falk und Schriftleiter Werner Mühlhäußer das Konzept vor.

Dank der  unentgeldlichen Mitarbeit eines treuen Autorenstammes kann der Verein auch in diesem Jahr wieder eine rund 270 Seiten starke Publikation im Verlag E. Riedel drucken lassen. Wie Werner Mühlhäußer, der Gunzenhäuser Stadtarchivar und 2. Vorsitzende des Vereins, bei der Vorstellung bemerkte, ergibt sich nach den Inhalten der Arbeiten wieder eine große Vielfalt. Werner Kugler schreibt über „Das Reichssteuergesetz von 1496/1498 und die Heidenheimer Klosteruntertanen“ sowie  über „Die Pfarrei Degersheim und ihre Gemeindeglieder am Ende des 17. Jahrhunderts“, Hermann Thoma und Karl Rieger  interpretieren ein historisches Jagdgemälde von 1606, Hermann Thoma ergänzt seine Reihe  „Zur Hexenverfolgung in den oberstiftischen Ämtern des Hochstifts Eichstätt“ mit einem Beitrag zum unbekannten Fall der Apollonia Veit aus Ornbau-Arberg 1616/1617.  Den „Rugherren von Dittenheim“ wendet sich Siglinde Buchner zu,  außerdem der „Gnotzheimer Dorfordnung von 1662“. Über die „Flurordnung und Siebner von Gunzenhausen“ ist von Werner Neumann zu erfahren. Zur Geschichte der Eisenbahn in Gunzenhausen steuert Jürgen Huber im Jubiläumsjahr die Arbeit „Der frühe Eisenbahnanschluss Gunzenhausens“ bei, Günter Dischinger schreibt über die katholischen Nonnen in Gunzenhausen, Dr. Martin Weichmann weckt Erwartungen mit dem Beitrag „Thomas Mann – Gunzenhausen und die Rote Hilfe“. Den 70. Jahrestag des Bombenangriffs auf Gunzenhausen, der heuer begangen wurde, beleuchtet Werner Mühlhäußer und ferner kommt auch noch eine Darstellung „Die Gemeinderechte, Gemeinheitsteilung und Flurbereinigung im 19. und 20. Jahrhundert“ von Dr. Adolf Meier dazu.

Wie Vorsitzender Werner Falk ankündigte, wird 2016 die Reihe der „Samstagsexkursionen“ fortgeführt. Die Resonanz war in den letzten beiden Jahren beachtlich.  Ziele sind  das Ansbacher Schloss, Schwabach, das Kloster Heilsbronn, Oettingen und Bechhofen.  Im Winterhalbjahr sind etliche Vortragsveranstaltungen geplant, darunter die Fortsetzung „Die Gaststätten von Gunzenhausen bis 1945“ von Lothar Hiemeyer.

 

Samstagsexkursion "Ansbach II"

Es mag nur eine Petitesse der Weltliteratur gewesen sein, aber es ist dennoch nicht uninteressant, sie heute zu erwähnen: Benitto Mussolini, Diktator an der Spitze des italienischen Regimes, war ein glühender Verehrer der Gedichte von August Graf von Platen, einem der berühmtesten Söhne Ansbachs, der als „Tulpe des deutschen Dichtergartens“  in die Literaturgeschichte Eingang gefunden hat. In den zwanziger Jahren war der Despot sogar in Ansbach, um seinen Aufsatz über Platen in deutscher Sprache zu verlesen.
Die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen waren zum zweiten Mal im Rahmen ihrer „Samstagsexkursion“ in der Residenzstadt, wo sie der  Historiker Alexander Biernoth zwei Stunden lang mit der Geschichte Ansbachs und dem Werk ihrer prägenden Persönlichkeiten bekannt machte. Die Begeisterung der 31 Teilnehmer fasste Vorsitzender Werner Falk zusammen: „Wir durften ein facettenreiches Ansbach kennenlernen.“
Der Hofgarten und die Orangerie waren zur Markgrafenzeit, also vor rund 250 Jahren, prägende Elemente der Residenz Ansbach, aber war heutzutage in seiner ganzen Pracht zu sehen ist, das ist das Werk der fünfziger Jahre. Bei zwei Bombenangriffen der Amerikaner in den letzten Kriegstagen – am 23. Juni, dem Geburtstag des ersten Präsidenten George Washington – verloren nicht nur 453 Menschen ihr Leben, auch der 17 Hektar große Hofgarten (1750 nach französischen und englischen Vorbildern angelegt) sowie die Orangerie (dem Schloss von Versailles nachempfunden) kamen damals zu Schaden. 
Am Rande der doppelten Lindenallee, heute ein begehrtes Terrain der Jogger, stößt der Besucher auf eine unscheinbare Tafel, die an den Botaniker Leonhart Fuchs erinnert, dem gebürtigen Wemdinger, der 1528 bis 1535 als Leibarzt des Markgrafen Georg dem Frommen fungierte. Nach ihm ist übrigens die Fuchsie benannt.
Das Findelkind Kaspar Hauser, hat Ansbach noch bekannter gemacht. Bis heute sind sich die Wissenschaftler noch nicht ganz einig, wer er wirklich war:  ein Betrüger oder der badische Erbprinz. Sogar der „Spiegel“ und das ZDF haben sich des aus Nürnberg stammenden Jünglings angenommen. Es gibt zweierlei  Gen-Spuren, sein „Unterbeinkleid“ ist übrigens im Ansbacher Stadtmuseum zu sehen.  1833 ist der Gerichtsschreiber im Ansbacher Hofgarten mit einem Messerstich ermordet worden. Der Streit wird weiter gehen, den Ansbacher soll es recht sein, denn so treiben die Spekulationen immer neue Blüten und die Stadt hat willkommene Publicity.
Dem markgräflichen Juristen und Verwaltungsbeamten Johann Peter Uz (1720 geboren)  hat die Stadt ein Denkmal gewidmet. Er war auch Dichter, und nicht einmal der Unbekannteste, denn sogar der Papst kannte die Verse des Geheimrats. Dass er aber einige Kirchenlieder des Ansbacher Gebetbuchs umdichtete, das haben ihm die Ansbacher schwer verübelt.
Aus einer ehemaligen Pferdescheune ist 1840 die katholische St. Ludwigskirche geworden. Sie steht am Karlsplatz (gestaltet von  den markgräflichen Baumeistern Leopoldo Retty und Johann David Steingruber) neben der Karlshalle, in der zuvor die Andersgläubigen in der  angestammten Protestantenstadt ihre Gottesdienste abhalten durften. Der klassizistische Saalbau ist dem bayerischen König Ludwig I. geweiht. Die Glocken sind übrigens Beutestücke aus der Seeschlacht von Navarino (1827).

 

Stadtführung in Ansbach

 Was haben Ansbach und Gunzenhausen gemeinsam? Natürlich die markgräfliche Geschichte! Deshalb war es für den Verein für Heimatkunde Gunzenhausen sozusagen ein Pflichtprogramm, seine Mitglieder im Rahmen der „Samstagsexkursionen“ in die einstige Residenzstadt zu führen. Dort begegnete ihnen die gemeinsame Geschichte auf Schritt und Tritt. Kompetenter Begleiter war Alexander Biernoth, der Vorsitzende des Frankenbunds in Westmittelfranken.
Die Grablege der Hohenzollernfürsten in der Gumpertuskirche (dort ruht auch der in Gunzenhausen 1557 verstorbene Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, genannt der „Wilde Markgraf“) gehört ganz gewiss zu den Sehenswürdigkeiten, die sich kein geschichtlich interessierter Ansbach-Besucher entgehen lässt. St. Gumpert, die Hauptkirche der Regionalbischöfin Gisela Bornowski, mit seiner Krypta geht auf das Jahre 1042 zurück. Im Gewölbe können die Besucher die Zinnsärge der Markgrafen und ihrer Familienangehörigen bestaunen. Sie stehen dort nicht schon seit Jahrhunderten, sondern erst seit 1976. Nicht eben sehr pietätvoll: Das Gewölbe von 1501 nutzten die Ansbacher Metzger früher als Fleischbank.
2004 sind die markgräflichen  Totenfahnen (3 mal 1,30 m große und bestickte Tücher) nach Ansbach gekommen und 2010 für rund eine halbe Million Euro restauriert worden. Sie hängen heute bei einer gleichmäßigen Temperatur von 13 Grad in einer Kühlbox. Die Besucher können einen Blick darauf werfen. Diese textilen Zeugnisse aus der Markgrafenzeit stammen aus dem Jahr 1625. Die Fahnen wurden einst von den Reitern an langen Stangen an Trauerzügen mitgeführt. Die Schwanenritterkapelle mit dem Keltenbild aus der Werkstatt von Albrecht Dürer  gehört zu den Kleinoden der Stadt.  Die Gumpertuskirche mit ihrer Markgrafenloge wird nicht nur für sakrale Zwecke genutzt, dort sind auch viele Konzerte im Rahmen der international renommierten Bachwoche, deren Gäste  dabei auch die Orgel lautstark vernehmen können. Sie bringt es auf 90 Dezibel und ist damit sozusagen lauter als die Polizei erlaubt, denn ab einem Lärmpegel von 85 Dezibel ist eigentlich  ein Gehörschutz notwendig.
Ganz unauffällig ist die einstige jüdische Synagoge in der Uz-Straße, ein Bau des markgräflichen Baumeisters Leopoldo Retty von 1746. Das Gotteshaus ist in der „Reichskristallnacht“ 1938 nur leicht geschändet, aber nicht zerstört worden. Der Grund: In der Nachbarschaft stand das Haus eines NS-Eigentümers, das natürlich nicht gefährdet werden durfte. Seit 1964 gilt die Synagoge als musealer Raum,  in dem keine Gottesdienste mehr stattfinden. Dass das Gebäude die nationalsozialistische Gewaltherrschaft heil überstanden hat, überrascht insofern, als die Ansbacher der Partei die besten Wahlergebnisse lieferten. Bei der frühen Reichstagswahl 1924 wählten sie mit 46,9 Prozent die NSDAP, während die Partei reichweit nur auf 6,5 Prozent gekommen war.
Keiner Kriegszerstörung ausgesetzt waren auch das Schloss aus dem Jahr 1770 sowie die ganze historische Altstadt. Deshalb sind die 520 Räume der Residenz heute noch so erhalten, wie sie vom letzten Markgrafen verlassen wurden.  Die einstmals reichlich vorhandenen Fachwerke der Bürgerhäuser sind vielfach der Barockisierung gewichen, das heißt, sie wurden einfach überputzt, denn schließlich sollte Ansbach als Residenzstadt mithalten können mit den schönen barocken Städten wie Würzburg oder Bamberg.
„Wir haben Ansbach und etliche seiner uns bisher weniger bekannten Facetten kennengelernt“, resümierte Vorsitzender Werner Falk nach dem zweistündigen Rundgang und dankte dem Stadtführer Alexander Biernoth: „Sie sind ein ebenso kenntnisreicher wie sympathischer Botschafter Ihrer Stadt.“
 

Das mittelalterliche Weißenburg kennengelernt

„Kennst Du Deinen Landkreis?“ 43 Jahre nach der Kreisreform sind zwar alle Wunden verheilt, aber das heißt nicht, dass sich die Menschen sich im jeweils anderen Landkreisteil einigermaßen auskennen. Sie reisen in die weite Welt, aber das Gute, das so nah liegt, wird vernachlässigt.
Der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen hat kürzlich seinen Mitgliedern die Gelegenheit geboten, das mittelalterliche Weißenburg näher kennenzulernen. Wie Vorsitzender Werner Falk bei der Vorstellung der Stadtführerin Ingrid Archinger sagte, biete Weißenburg viele Facetten. Gleichwohl konzentrierten sich die meisten Besucher auf die römische Geschichte der Kreisstadt. Schwerpunkt der „Samstagsexkursion“ des Vereins für Heimatkunde war jedoch das mittelalterliche, das reichsstädtische Weißenburg. Auf sie können die „Handschimacher“, wie die Nachbarn volkstümlich genannt werden, mit Stolz blicken. Die Leonische Industrie, die dort einen Schwerpunkt hat, liefert beispielsweise das Band, an dem jedes Bundesverdienstkreuz hängt. Hugenottischen „Asylanten“ verdankt die Stadt dieses Gewerbe. Hier begegneten sich einst die Bernsteinstraße (von der Ostsee bis Venedig) und die Nibelungenstraße (von Speyer bis Wien).  Wo heute das Rathaus steht, da war im Mittelalter der Kreuzungspunkt.
Aus dem Königshof Karls des Großen ist 1241 die freie Reichsstadt geworden. Von diesem Image kann Weißenburg heute noch zehren. Bis 1801 währte diese privilegierte Stellung, die Stadt war dem Kaiser direkt unterstellt. Man sagt, manch alte Ratsfamilien Weißenburg können das Ende der Reichsfreiheit heute noch nicht überwinden.
Wenn sich heute die Menschen aufregen über die „Völkerwanderung“ vom armen Süden in den reichen Norden, dann können sie am Beispiel von Weißenburg erkennen, dass einen gigantischen Flüchtlingsstrom auch schon hierzulande gegeben hat, als nach 1945 rund 7000 Vertriebene in die Stadt kamen, die vom Krieg so gut wie verschont geblieben war. „Nur“ zwei Bomben waren gefallen und „nur“ 23 Tote hatte es gegeben. Mehr als 10000 Menschen erlebten die Wülzburg als ersten Anlaufpunkt im Westen, 1952 hat die letzte Flüchtlingsfamilie die Festung verlassen.
Stationen des Rundgang durch die Stadt  waren die 1425 geweihte Andreaskirche mit ihrem Kunstwerk „Marie im Strahlenkranz“, das aus vorreformatorischer Zeit noch geblieben ist. Eine Besonderheit weist die Stadtmauer auf. Hier ist sie über weite Strecken integrierter Bestandteil der mittelalterlichen Bebauung.  Quartiere wie an der Kapelle, der „Schrecker“ oder der „Klostergarten“ sind im Zuge der Stadtsanierung zu schönen Ruhezonen gestaltet worden. König Ludwig I. haben die Weißenburger ein Denkmal gesetzt. Sie hatten allen Grund dazu, denn er hat ihnen 1338 den 2550 Hektar großen Stadtwald vermacht. Unter den bayerischen Städten ist Weißenburg die drittgrößte kommunale Waldbesitzerin.


Exkursion in Triesdorf

Bei den markgräflichen Nachbarn in Triesdorf waren die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde zu Gast. Dr. Horst von Zerboni, der Vorsitzende des Vereins der Freunde Triesdorfs, begleitete sie auf ihrer „Samstagsexkursion“ auf den Pfaden der Markgrafen. Zugleich erlebten sie den spannenden Kontrast zwischen historischer Bauweise und der modernen Architektur, wie er im Verhältnis zu den Gebäuden der Fachhochschule darstellt.
Triesdorf ist für viele Menschen in der Region aber auch ein Synonym für fortschrittliche Landwirtschaft. In neun Schulen von unterschiedlichen Trägern und der FH-Weihenstephan-Triesdorf mit rund 3000 Schülern und Studenten ist Triesdorf heute neben dem niederbayerischen Schönbrunn der wichtigste Standort für das Agrarstudium. An der Fachhochschule sind Studenten aus 32 Nationen eingeschrieben. Die Hälfte von ihnen kehrt danach in die heimischen Betriebe hochqualifiziert in die elterlichen Betriebe zurück.  Ausgangspunkt für das Bildungszentrum Triesdorf war die 1748 gegründete Ackerbauschule.
Der Spaziergang führte die Gäste aus Gunzenhausen zu den markanten baulichen Zeugnissen der Markgrafenzeit, also zum noch erhaltenen Barockgarten mit dem Sommerhaus des einstigen markgräflichen Leibarztes , vorbei an den schön restaurierten Kavaliershäuschen, durch den ehemaligen Park mit seiner alten Lindenallee  (aus dem Jahr 1740) zum Weißen Schloss und der Villa Sandrina.  Acht Kilometer lang war einst die drei Meter  hohe und 30 Zentimeter dicke rote Mauer,  die das 300 Hektar große Areal eingrenzte.  Sie ist von 1729 an in 16 Jahren Bauzeit entstanden. Davon sind heute  nur mehr Reste vorhanden.  Dr. von Zerbonis anschauliche Darstellung: „Das entspricht etwa dem Material für  200 Einfamilienhäuser.“  An allen Gebäuden erläuterte er die charakteristische Bauweise, zuletzt in der Markgrafenkirche.
Die Werke der markgräflichen Baumeister Gabriel de Gabrieli, Carl Friedrich von Zocha, Leopoldo Retty und Johann David Steingruber sind nach den Ankauf des kleinen Triesdorfer Landguts durch die Ansbacher Fürsten von 1682 bis 1776 entstanden und vermitteln den Besuchern bis heute einen Eindruck von der einstigen Herrlichkeit der Sommerresidenz.
Zu den samstäglichen Exkursionen gehört auch die abschließende Einkehr. Im Gasthaus „Sammethbräu“ kündigte Vorsitzender Werner Falk an, dass eine Besichtigung des markgräflichen Ansbachs im Juni das Programm des Vereins ergänzend wird.

 

Vortrag von Lothar Hiemeyer: Die Geschichte der Gunzenhäuser Gaststätten vom Mittelalter bis 1945

69 Gaststätten sind vom Mittelalter bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der Stadt eröffnet worden. Nur 16 von ihnen sind übrig geblieben. Lothar Hiemeyer ist in Gunzenhausen geboren worden, lebt aber seit Jahrzehnten in Würzburg. Seiner Heimatstadt treu geblieben ist er als Heimatforscher mit Leidenschaft. Über die Gunzenhäuser Brauereien und Wirtshäuser hat er ein gigantisches Archivmaterial zusammengetragen und es bisher teilweise in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht.
Hiemeyer hat viele Tage im Staatsarchiv Nürnberg geforscht, im Stadtarchiv Gunzenhausen nachgelesen und vor Ort eigene Recherchen vorgenommen. Das Ergebnis ist ein ganzes Bündel von Informationen in Wort und Bild. Er will das Material zu einem Buch verarbeiten. „Zu 80 Prozent bin ich durch“, sagte er anlässlich eines Vortrags vor Mitgliedern des Vereins für Heimatkunde im der „Adlerbräu“-Gaststätte.
Der Altmühl-Bote hat über die Arbeit Hiemeyers bereits berichtet. Nach seinen Darlegungen sind der „Adlerbräu“-Gasthof (1558) und das „Altes Rathaus“ (1585) die ältesten Gaststätten in der Stadt. Aber auch die „Bürgerstube“ (heute: Sparkasse) und der „Schwarze Bär“ (heute: Bäckerei Schmidt) sowie der „Blaue Wolf“ gehen auf das 16. Jahrhundert zurück. Die heutigen Inhaber haben dem Autoren in seinen zeitraubenden Recherchen fleißig geholfen, insbesondere Erika Dersch, die schriftliche Belege hat, wonach Kaiser Wilhelm II. dem damals schon international agierenden Gastwirtssohn Johann Zippel zu dessen Hochzeit gratulierte und zu seinem frühen Tod der Witwe eine Beileidstelegramm schickte.  Weitere frühe Gasthäuser waren die „Goldene Krone“ (heute: Drogerie Neidhardt) und der „Goldene Engel“ (heute: Kik), zu dem der „Braunskeller“ gehörte, in dem vor 70 Jahren 144 Menschen bei einem Bombenangriff der Amerikaner den Tod fanden. Mit „Musik, Hasenbraten und Knödelpartie“ war einst Johann Lehner vom „Roten Ross“ (heute: Zum Storchennest). Auch das „Goldene Lamm“ (heute: NKD) und der „Grüne Baum“ (früher Stieg, heute Pizzeria in der Gerberstraße) und die „Glocke“ (heute: Juwelier Stingl) sind seit dem 17. Jahrhundert bekannt.

Vorstandschaft bestätigt

Vor dem zweistündigen Vortrag Hiemeyers hörten die Mitglieder des Vereins für Heimatkunde den Jahresbericht ihres Vorsitzenden Werner Falk und des Schatzmeisters Hans Minnameyer. Beide stellten mit Stolz fest, dass sich der Mitgliederstand des Vereins jetzt über die 300-er Marke hochgeschraubt hat.  Der Vorsitzende erinnerte an die Vorträge und „Samstagsexkursionen“ in 2014 und  kündigte an, dass auch heuer die Serie der samstäglichen Besichtigungen in der Region fortgesetzt werden. Mit Dank erwähnte er die Arbeit des 2. Vorsitzenden Werner Mühlhäußer (Stadtarchivar) im Zusammenhang mit der Herausgabe von „Alt-Gunzenhausen“, ferner nannte er die Autoren  Lothar Hiemeyer, Werner Neumann, Dr. Adolf Meier, Siglinde Buchner, Werner Kugler und Florian Schenk. Das 70. Jahrbuch wird im Dezember erscheinen. „Wir haben allen Grund, der Stadt für ihre Unterstützung zu danken“, sagte der Vorsitzende nannte ebenso den Bezirk Mittelfranken, den Landkreis und die Sparkasse Gunzenhausen.
Unter der Leitung von Willi Elterlein ging die Neuwahl der Vorstandschaft flott über die Bühne. Per Akklamation bestätigten die Mitglieder die bisherige Vorstandschaft mit Werner Falk als Vorsitzendem, Werner Mühlhäußer als Stellvertreter, Hans Minnameyer als Schatzmeister, Armin Kitzsteiner als Schriftführer sowie den Beiratsmitgliedern Dieter Gottschall, Dieter Wenk, Gerhard Herrmann, Franz Müller, Heidi Dücker, Siglinde Buchner (Weißenburg). Neu in den Beirat wurden Günther L. Niekel aus Muhr am See und Thomas Müller aus Kalbensteinberg gewählt. Als Revisoren fungieren Thomas Fischer (Gunzenhausen) und Rüdiger Schmidt (Unterwurmbach).